Folgendes Vorgehen wird empfohlen

  • überlegen, für welches Ereignis Sie sich kritisieren, verantwortlich oder schuldig fühlen,
  • mithilfe einer Zahl von 0 bis 100 % einschätzen, zu wie viel Prozent Sie sich für das Ereignis verantwortlich fühlen,
  • weitere Gründe und Faktoren auflisten, die ebenfalls (!) einen Einfluss auf das Ereignis haben oder hatten,
  • einschätzen, wie viel Prozent % Einfluss jeder einzelne Grund oder Faktor auf das Ereignis hat oder hatte. Bitte beachten: Insgesamt dürfen nicht mehr als 100 % Prozent vergeben werden,
  • die Prozentzahlen der Faktoren zusammenzählen und von 100 % abziehen,
  • die restlichen Prozentpunkte entsprechen dem persönlichen Einfluss auf das negativ verlaufene Ereignis.

Bitte merken

Nur wer einen direkten Einfluss auf ein negativ verlaufenes Ereignis oder Geschehen hat, kann für das Ereignis auch Verantwortung übernehmen.

Den persönlichen Einfluss auf ein negativ verlaufenes Ereignis oder Geschehen realistisch einzuschätzen, schützt vor voreiliger Selbstkritik und unnötigen Schuldgefühlen.

Beispiel 1 – Projekt nicht fristgerecht fertig

Nur wer einen direkten Einfluss auf ein negativ verlaufenes Ereignis oder Geschehen hat, kann für das Ereignis auch Verantwortung übernehmen. Ein wichtiges Projekt konnte zum festgesetzten Termin nicht beendet werden. Als Projektleiter fühlte er sich schlecht, da er die Hauptverantwortung bei sich selbst sah. Er kritisierte sich für seine „schlechte Leistung“. Aber hatte es wirklich nur an ihm gelegen oder gab es weitere Faktoren, die er bisher zu wenig berücksichtigt hatte und die ebenfalls einen Einfluss auf den langsamen Verlauf des Projekts hatten?

Praktische Anwendung

Bitte beachten: Schriftliche Aufzeichnungen sind bei dieser Übung hilfreicher als Kopfrechnen. Er holte sich ein DIN-A4-Blatt und einen Bleistift. Er notierte, wofür er sich kritisierte.

  • Dass das Projekt nicht fristgerecht beendet war.
  • Von seinem Gefühl her war er zu 70 % Prozent dafür verantwortlich.

Dann überlegte er weitere Gründe und Faktoren, die einen Einfluss hatten:

  • Hoher Krankenstand: Von 10 Mitarbeitern waren zeitweise nur 6 verfügbar.
  • Lieferengpässe: Ein wichtiger Lieferant war ausgefallen und konnte nur mühsam ersetzt werden.
  • Softwareprobleme: Ein Update war fehlerhaft verlaufen. Die Arbeit am Projekt musste für 3 Tage ruhen.
  • Planungsfehler: Notwendige Korrekturen bei der Planung waren aufwendiger als vorhersehbar gewesen.

Er überlegte, wie viel Prozent Einfluss jeder einzelne Faktor auf das Ergebnis gehabt hat. Maximal 100 % Prozent vergeben!

Hoher Krankenstand 30 %

Lieferengpässe 10 %

Softwareprobleme 25 %

Planungsfehler 15 %

  • Die Prozentzahlen zusammenzählen und von 100 % abziehen.

30 + 10 + 25 + 15 ergaben 80 % Prozent Fremdeinfluss auf das negative Ereignis.

  • Die restlichen Prozentpunkte entsprachen seinem persönlichen Einfluss auf das Ereignis. 100 – 80 = 20 % persönlicher Einfluss.

Der Prozentwert von 20 % entsprach einem realistischeren persönlichen Einfluss auf den Verlauf des Projekts als die zuvor gefühlten 70 % Prozent. Das schlechte Gefühl und die Selbstkritik nahmen spürbar ab.

Beispiel 2 – Geburtstag vergessen

Nur wer einen direkten Einfluss auf ein negativ verlaufenes Ereignis oder Geschehen hat, kann für das Ereignis auch Verantwortung übernehmen. Ihr fiel ein, dass die Freundin bereits vor 10 Wochen einen runden Geburtstag gehabt hatte. Es war ausgerechnet der 50. Geburtstag gewesen. Was würde ihre Freundin nur über sie denken? Ein Schuldgefühl machte sich in ihr breit. Sie wollte das Gefühl aber nicht einfach akzeptieren und entschied sich zu überlegen, ob es noch andere Gründe oder Faktoren gab, die zu diesem Versäumnis geführt haben.

Praktische Anwendung

Bitte beachten: Schriftliche Aufzeichnungen sind bei dieser Übung hilfreicher als Kopfrechnen. Sie holte sich ein DIN-A4-Blatt und einen Bleistift. Sie notierte, wofür sie sich kritisierte.

  • Dass sie den 50. Geburtstag vergessen hatte.
  • Das Schuldgefühl war maximal spürbar, also gab sie sich 100 % Prozent!

Dann überlegte sie weitere Gründe und Faktoren, die einen Einfluss hatten:

  • Umzug – Sie war am Geburtstag der Freundin in ihre neue Wohnung umgezogen und am Abend sehr müde gewesen.
  • Arbeitsstelle – Der Umzug war notwendig geworden, weil sie eine neue Stelle angenommen hatte. Die ersten Wochen waren von langen Arbeitstagen und neuen Eindrücken geprägt gewesen.
  • neue Beziehung – Kurz vor dem Umzug hatte sie einen neuen Mann kennengelernt, mit dem sie viel Zeit verbracht hatte.

Sie überlegte, wie viel Prozent Einfluss jeder einzelne Faktor auf das Vergessen des Geburtstags gehabt hat. Maximal 100 % Prozent vergeben!

Umzug 20 %

Arbeitszeiten 20 %

neue Beziehung 50 %

  • Die Prozentzahlen zusammenzählen und von 100 % abziehen.

20 + 20 + 50 ergaben 90 % Prozent Fremdeinfluss auf das vergessene Telefonat.

  • Die restlichen Prozentpunkte entsprachen ihrem persönlichen Einfluss auf das Ereignis. 100 – 90 = 10 % persönlicher Einfluss.

Der Prozentwert von 10 % entsprach einer realistischeren Einschätzung als die zuvor gefühlten 100 %. Es war so viel Neues in ihrem Leben passiert, dass sie den Geburtstag schlichtweg vergessen hatte. Das schlechte Gefühl und die Selbstkritik nahmen spürbar ab. Sie nahm sich vor, die Freundin anzurufen.

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Probieren Sie es aus!

PIRKA wünscht Ihnen viel Erfolg bei der Anwendung.

Literatur

Emmelkamp, P.M.G. & van Oppen, P. (2000). Zwangsstörungen. Fortschritte der Psychotherapie. Göttingen. Hogrefe

Lakatos, A. & Reinecker, H. (2001). Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Göttingen: Hogrefe

Leahy, R.  L. (2007). Techniken kognitiver Therapie. Paderborn: Junfermann Verlag