Folgendes Vorgehen wird empfohlen

  • überlegen, welches Ereignis für Sie belastend oder schwer erträglich ist,
  • die Stärke der Belastung mit einer Zahl auf der Belastungsleiter von Stufe 1 (erträglich) bis Stufe 10 (unerträglich) einschätzen,
  • jeder der verbleibenden 9 Stufen der Belastungsleiter ein anderes Ereignis zuordnen, das dem Zahlenwert der jeweiligen Belastungsstufe entspricht.
  • Mit der 10. Stufe (unerträglich) beginnen und zur 1. Stufe (erträglich) hinabsteigen,

Persönlich belastende Ereignisse mit anderen kritischen Lebensereignissen zu vergleichen kann dabei helfen, mehr Abstand zu gewinnen.

Es folgen Beispiele belastender Lebensereignisse, die mit einem unterschiedlichen Grad an persönlicher Belastung verbunden sind. Diese Methode eignet sich nicht zum Umgang mit bedrohlichen oder traumatischen Lebensereignissen wie der Tode eines geliebten Menschen, Krieg oder lebensbedrohliche Krankheiten. Hierzu bedarf es anderer Hilfen. Für alle anderen Sorgen oder Probleme des Alltags können die eben genannten extremen Lebensereignisse jedoch als Beispiele und Vergleichsmaßstab der Belastungsstufe 10 dienen und damit zur Neubewertung der persönlichen Situation hilfreich sein.

Beispiele belastender Lebensereignisse

Verlust des Arbeitsplatzes, Kränkungen, Trennung vom Lebenspartner, Kinderlosigkeit, finanzielle Verluste, Ärger mit dem Vorgesetzten, Prüfung nicht bestanden, Ungerechtigkeit, Geldsorgen, Haftstrafe, Streit in der Familie, Kontaktabbruch eines geliebten Menschen, Unfall, ausbleibende Beförderung, Kinder verlassen das Elternhaus, persönlich erbrachte Leistungen werden nicht anerkannt usw.

Beispiel 1 – Ich ertrage es nicht, dass er nicht anruft

Sie war bereits dreimal mit ihm ausgegangen und sie waren sich nähergekommen. Sie konnte sich gut vorstellen, mit ihm zusammenzubleiben. Er war so anders als all die anderen Männer. Er hatte versprochen, sich wieder zu melden. Seit drei Tagen wartete sie nun schon auf seinen Anruf. Auch die abendlichen Nachrichten auf dem Handy waren ausgeblieben. Und dann hat sie ihn in der Stadt mit einer anderen Frau im Arm gesehen.

Praktische Anwendung

Sie war maßlos verärgert und verletzt. Sie erinnerte sich an die Belastungsleiter in 10 Stufen.

  • Überlegen, welches Ereignis für Sie belastend oder schwer erträglich ist?

Der Mann hatte sich nicht gemeldet und mit einer anderen Frau getroffen.

  • Die Stärke der Belastung mit einer Zahl auf der Belastungsleiter von Stufe 1 (erträglich) bis Stufe 10 (unerträglich) einschätzen.

Es fühlte sich wie eine 9 an. Sie war sehr traurig und enttäuscht. Sie fühlte sich ständig zurückgewiesen.

  • Jeder der verbleibenden 9 Stufen der Belastungsleiter ein anderes Ereignis zuordnen, das dem Zahlenwert der Belastungsstufe entspricht. Mit der 10. Stufe (unerträglich) beginnen und zur 1. Stufe (erträglich) hinabsteigen.

Sie dachte drüber nach, wie sie vorgehen sollte. Auf der Belastungsleiter würde der Tod ihrer Eltern sicherlich die Stufe 10 bedeuten. Die Stufe 9 war ja jetzt besetzt. Auf die Stufe 8 würde sie einen Unfall oder eine schwere Erkrankung setzen. Auf die Stufe 7 den Verlust des Arbeitsplatzes. Auf die 6 eine Haftstrafe oder Streit innerhalb der Familie? Und die Stufe 5? Und wenn ihre beste Freundin plötzlich den Kontakt abbrechen würde, wäre das eine 5? Langsam wurde es komisch. War es eine 9 wert? War der Umstand, dass der Typ eine andere hatte und sie hintergangen hatte, übler als ein Unfall oder eine schwere Erkrankung (8) oder das die beste Freundin den Kontakt für immer abbrechen würde? Nein, sicher nicht! Das mit dem Typ war im Vergleich mit den anderen Problemen wohl doch eher eine 4 oder 5. Im Stillen sagte sie zu sich: Ich kann es ertragen, aber es ist nicht leicht. Ich werde ein wenig Zeit brauchen, um darüber hinwegzukommen. Sie rief ihre beste Freundin an, um ein Essen zu vereinbaren und ihr davon zu erzählen.

Beispiel 2 – Obwohl ich mein Bestes gegeben habe, wurde der Kollege befördert

Er gehörte in der Firma weder zu den Kollegen, die unpünktlich waren, noch zu denen, die faul waren oder öfters krank waren. Er identifizierte sich mit den Werten der Firma. Das konnte seinen Vorgesetzten nach den vielen Jahren doch nicht entgangen sein. Und dann, als die Stelle des Abteilungsleiters frei wurde, sah er seine Chance gekommen. Doch ein jüngerer Kollege mit Universitätsabschluss bekam die Stelle.

Praktische Anwendung

Er dachte: Was kann ich noch tun? Was macht noch Sinn? Er war stinksauer, nein, verbittert, nein, wütend … oder alles zusammen!

  • Überlegen, welches Ereignis für Sie belastend oder schwer erträglich ist?

Obwohl seine Beförderung längst überfällig gewesen war, hat man einen anderen vorgezogen.

  • Die Stärke der Belastung mit einer Zahl auf der Belastungsleiter von Stufe 1 (erträglich) bis Stufe 10 (unerträglich) einschätzen.

Auf der Belastungsleiter fühlte es sich wie die Stufe 8 an.

  • Jeder der verbleibenden 9 Stufen der Belastungsleiter ein anderes Ereignis zuordnen, das dem Zahlenwert der Belastungsstufe entspricht. Mit der 10. Stufe (unerträglich) beginnen und zur 1. Stufe (erträglich) hinabsteigen.

Er überlegte sich, was für ihn auf der Belastungsleiter mit der Stufe 10 vergleichbar wäre. Als ein Mann der Wirtschaft dachte er an den Zusammenbruch der Weltwirtschaft auf Stufe 10. Auf der Stufe 9 würde dann das nachfolgende finanzielle Chaos stehen. Auf Stufe 7 könnte er seine finanziellen Belastungen nicht mehr bedienen. Dann dachte er an persönliche Dinge. Was, wenn es einem seiner Kinder schlecht gehen würde. Wäre das eine 6? Und wenn seiner Frau etwas zustoßen würde? Es blieb nur noch die Stufe 5 für diese Vorstellung. Und die Stufe 4? Was, wenn seine Eltern schwer erkranken würden? Nein, er würde die ausbleibende Beförderung neu überdenken müssen. Klar, es fühlte sich wirklich schlimm an und er war von den Vorgesetzten schwer enttäuscht, aber es gab als Folge seiner stufenweisen Bewertungen doch Ereignisse, die weitaus bedrückender sein würden als die fehlende Anerkennung im Beruf.

Probieren Sie es aus!

PIRKA wünscht Ihnen viel Erfolg bei der Anwendung.

Literatur

Bastine, R. (1984). Klinische Psychologie. Stuttgart: Kohlhammer.

Filipp, S.H., Klauer, T. & Ferring, D. (1993). Self-Focused Attention in the Face of Adversity and Threat. In H.W. Krohne (Editor) (1993). Attention and Avoidance. Seattle: Hogrefe.

Leahy, L.L. (2007). Techniken kognitiver Therapie. Paderborn: Junfermann.

Linden, M. (2017). Verbitterung und posttraumatische Verbitterungsstörung. Göttingen: Hogrefe.

Maercker, A. (2009). Posttraumatische Belastungsstörungen. Heidelberg: Springer.

Reinecker, H. (2020). Life-Event-Forschung. In Wirtz, A.M. (Hrsg.). Dorsch – Lexikon der Psychologie. Bern: Hogrefe.