Forderungen zu stellen, wenn die andere Person im Recht ist, kann zu Unverständnis und Ärger führen. Die andere Person handelt dann nach dem Motto: Jetzt erst recht!

Folgendes Vorgehen wird empfohlen

VOR der Situation daran denken,

  • dass die andere Person im Recht ist,
  • was ich erreichen möchte, welches konkrete Verhalten ich mir von der Person wünsche,
  • sich zu ermutigen, indem wir zu uns sagen: „Ich kann es probieren“.

IN der Situation daran denken,

  • dass die meisten Menschen an einer friedlichen Lösung interessiert sind,
  • freundlich aufzutreten, denn die andere Person ist im Recht,
  • ruhig zu sprechen. Lautwerden oder Schreien erzeugt Gegenreaktionen.

SYMPATHISCH AUFZUTRETEN beginnt damit,

  • freundlich zu grüßen, die andere Person ist vielleicht in Gedanken. „Hallo / guten Tag“,
  • zu sagen, was ich konkret möchte,
  • sich den Satz (was ich möchte) zu merken, schützt davor, unruhig zu werden,
  • berechtigte Einwände der anderen Person schweigend anhören und ausreden lassen,
  • Verständnis für die Position des anderen zu äußern, kann die Situation entspannen,
  • etwas von sich zu erzählen, hilft der anderen Person, sich ein Bild von Ihnen zu machen.
  • den Satz, d. h. unsere Bitte ein zweites und letztes Mal (!) wiederholen. Der andere ist im Recht! Mehr Wiederholungen wirken wieder fordernd.

NACH der Situation sollte ich

  • mich unabhängig vom Erfolg für jeden kleinen Fortschritt loben. Dazu im Stillen zu sich sagen: „War doch nicht so schwer, wie ich gedacht habe“
  • stolz darauf sein, es probiert zu haben.

Wenn die andere Person im Recht ist, kann ein sympathisches Auftreten von mir bewirken, dass die Person auf die Durchsetzung ihres Rechts verzichtet.

Beispiel 1 – Im Parkverbot stehen

Wenn ich im Parkverbot stehe, hat die Person vom Ordnungsamt das Recht, einen Strafzettel auszustellen. In einer solchen Situation fordernd oder gar verärgert aufzutreten übersieht, dass die andere Person das Recht auf ihrer Seite hat.

Er hatte es eilig. Seine Frau lag krank im Bett und er musste heute den Sohn in den Kindergarten bringen. Es war schon spät. Auf dem Weg zum Kindergarten gab es bereits im Auto die ersten Proteste des Sohnes. „So etwas macht er nur bei mir“, dachte er bei sich. Beim Einbiegen in die Straße hörte er dann ein Wimmern, das schnell lauter wurde. Vor dem Kindergarten bestand absolutes Halteverbot. Er wusste, dass sein Sohn sich nicht so schnell beruhigen würde und fand es unangenehm, einen anderen Parkplatz zu suchen und dabei eine längere Wegstrecke mit einem weinenden Kind in Kauf nehmen zu müssen. Was würden die Leute von ihm denken? Er parkte kurz entschlossen vor dem Kindergarten, schnappte sich den protestierenden Sohn und eilte zur Türe. Die Übergabe an die Kindergärtnerin gestaltete sich schwierig, da der Sohn seine Krawatte fest im Griff hielt. Nach Luft ringend sah er im Augenwinkel eine Ordnungshüterin, die sich zielstrebig seinem Fahrzeug näherte. Kurz darauf erreichte er ebenfalls das Auto.

Praktische Anwendung

VOR der Situation daran denken,

  • dass die andere Person im Recht ist. „Beruhige dich, sie ist im Recht“,
  • was ich erreichen möchte, welches konkrete Verhalten ich mir von der Person wünsche. Er überlegte kurz: „Bitte stellen Sie kein Protokoll aus. Vater in Not. Es musste schnell gehen“. Etwas Besseres wollte ihm nicht einfallen,
  • sich ermutigen, indem wir zu uns sagen: „Ich kann es probieren“.

SYMPATHISCH AUFZUTRETEN beginnt damit,

  • freundlich zu grüßen, die andere Person ist vielleicht in Gedanken. Die Dame vom Ordnungsamt stand mit dem Rücken zu ihm. Er grüßte freundlich: „Guten Tag!“ Die Dame schaute ihn an,
  • sagen, was ich konkret möchte. Ihm fiel immer noch nichts Gescheiteres ein und er sagte: „Bitte stellen Sie kein Protokoll aus. Vater in Not. Es musste schnell gehen“. Sie sah ihn überrascht an, denn sie hatte schon viele Erklärungen gehört. Die war neu. Sie war gespannt, wie es weitergehen würde,
  • sich den Satz (was ich möchte) zu merken, schützt davor, unruhig zu werden. („Bitte stellen Sie kein Protokoll aus. Vater in Not. Es musste schnell gehen“),
  • berechtigte Einwände der anderen Person schweigend anhören und ausreden lassen. Nach einer kurzen Pause folgte eine ausführliche Belehrung der Dame über das Problem einer um sich greifenden Ignoranz bezüglich Halteverbotszonen,
  • Verständnis für die Position des anderen zu äußern, kann die Situation entspannen. Er sagte: „Sie haben ja recht. Ich verstehe Sie“,
  • etwas von sich zu erzählen, hilft der anderen Person, sich ein Bild von Ihnen zu machen. „Normalerweise bringt meine Frau unseren Sohn in den Kindergarten. Bei mir weint er immer und ich bekomme ihn kaum beruhigt. Es ist jedes Mal ein Drama! Wenn ich einen weiten Weg mit ihm gehen müsste, würden mich die anderen Mütter komisch anschauen und wer weiß was von mir denken. Aber sie handeln natürlich richtig“. Die Ordnungshüterin zeigte Verständnis und beließ es bei einer Ermahnung und
  • er brauchte den Satz kein weiteres Mal zu wiederholen.

NACH der Situation sollte ich

  • mich unabhängig vom Erfolg für jeden kleinen Fortschritt loben. Im Stillen zu sich sagen: „Ich habe es probiert. War doch nicht so schwierig“ und

stolz darauf sein, es probiert zu haben.

Beispiel 2 – Kassenschluss im Schwimmbad

Er hastete ins Schwimmbad. Es war 19 Uhr, Kassenschluss. In der Ferne sah er den Kassenautomaten. Nur noch 15 Meter. Neben dem Automaten öffnete sich die Türe und der Bademeister entriegelte den Geldautomaten. Die Geldkassette wurde aus der Verankerung genommen.

Der Bademeister begann mit der Abrechnung.

Praktische Anwendung

VOR der Situation daran denken,

  • dass die andere Person im Recht ist. „Beruhige dich, er ist im Recht“,
  • was ich erreichen möchte, welches konkrete Verhalten ich mir von der Person wünsche. Er überlegte kurz: „Können sie mich bitte noch einlassen? Ich habe es nicht rechtzeitig geschafft“,
  • sich ermutigen, indem wir zu uns sagen: „Ich kann es probieren“.

SYMPATHISCH AUFZUTRETEN beginnt damit,

  • freundlich zu grüßen, die andere Person ist vielleicht in Gedanken. Er sagte: „Guten Abend“. Der Bademeister erwiderte im ruhigen Ton: „Guten Abend. Wir haben leider schon geschlossen“,
  • sagen, was ich konkret möchte. „Können sie mich bitte noch einlassen? Ich habe es nicht rechtzeitig geschafft“,
  • sich den Satz (was ich möchte) zu merken, schützt davor, unruhig zu werden. Er wiederholte in Gedanken: „Können sie mich bitte noch einlassen? Ich habe es nicht rechtzeitig geschafft“,
  • berechtigte Einwände der anderen Person schweigend anhören und ausreden lassen. „Es ist schon spät. Ich habe noch jede Menge zu tun, tut mir leid“,
  • Verständnis für die Position des anderen zu äußern, kann die Situation entspannen. „Sie haben ja recht“,
  • etwas von sich zu erzählen, hilft der anderen Person, sich ein Bild von Ihnen zu machen. „Normalerweise bin ich ja pünktlich. Mein Tag war ein totales Chaos. Nichts lief wie geplant. Ich habe den ganzen Tag ans Schwimmen gedacht, den Frust einfach im Wasser lassen zu können“,
  • berechtigte Einwände der anderen Person schweigend anhören und ausreden lassen. Der Bademeister erwiderte: „Die Kasse ist schon geschlossen, tut mir leid“,
  • den Satz, d. h. unseren Wunsch ein zweites und letztes Mal (!) wiederholen. Der andere ist im Recht! Mehr Wiederholungen wirken wieder fordernd. „Können sie mich bitte noch einlassen? Ich habe es nicht rechtzeitig geschafft“.
  • Der Bademeister bleibt diesmal beim Nein.

NACH der Situation sollte ich

  • mich unabhängig vom Erfolg für jeden kleinen Fortschritt loben. Im Stillen zu sich sagen: „Ich habe es zumindest probiert. Er ist im Recht. Es gibt keinen Grund, wütend auf ihn zu sein. Das nächste Mal bin ich eben pünktlich“ und
  • stolz darauf sein, es probiert zu haben.

Probieren Sie es aus!

PIRKA wünscht Ihnen viel Erfolg bei der Anwendung.

Literatur

Hinsch, R. & Pfingsten, U. (2007). Gruppentraining sozialer Kompetenz. München: Urban und Schwarzenberg.

Hinsch, R. & Wittmann, S. (2010). Soziale Kompetenz kann man lernen. Weinheim: Beltz.

Kühner, K. & Weber, I. (2001). Depression vorbeugen. Ein Gruppenprogramm nach R.F. Munoz. Göttingen: Hogrefe.

Linehan, M. (2006). Trainingsmanual zur Dialektisch-Behavioralen Therapie der Borderline- Persönlichkeitsstörungen. München: CIP-Medien.

Meichenbaum, D. (2003). Intervention bei Stress. Göttingen: Hans Huber.